Leserbrief-Vorschlag zu: Georg Mascolo: Der Film der Stunde.- SZ 179: 15 vom 05.-06.08.2023

Ein guter Beitrag! Auch wir haben diesen Film gesehen. Aber wir meinen, er ist nicht unbedingt „Der Film der Stunde“. Er wäre es geworden, wenn nach dem Bombentest eine so realitätsnah wie mögliche Darstellung der Folgen des ersten Abwurfs der Uranbombe „Little Boy“ auf Hiroshima gezeigt worden wäre, entsprechend der gleichnamigen Dokumentation aus dem Jahr 1946, die John Hersey so abgrundtief ergreifend gegeben hat. Denn nur durch das detailliert gezeigte unermessliche Leid der Hibakusha („Die Überlebenden werden die Toten beneiden“) und Zeitzeugenberichte kann ein normaler Mensch sich vorstellen, was diese schon vor 78 Jahren eingesetzte Atombombe bewirkt hat, von denen es aber inzwischen viele tausend und auch solche mit 1000-fach stärkerer Sprengkraft gibt. Der Film „The Day After“ aus dem Jahr 1983 ist zu weit der Vergessenheit anheim gefallen. Bezeichnend für das zu wenig vorhandene Verständnis über nukleare Gefahren ist doch, dass heftige Kritik am Film „Oppenheimer“ sich vorwiegend auf das betroffene Japan beschränkte. Mit den bellizistischen Anwendungsfolgen konfrontiert, wären für den normalen Menschen die moralischen Bedenken Oppenheimers noch besser verständlich gemacht worden. Diese kreisten um die Verantworlichkeit der Wissenschaft: die Kardinalfrage in Friedrich Dürrenmatts Werk „Die Physiker“. Das Leid der Menschen muß so deutlich dargestellt werden wie das in der aktuellen Fassung des Filmes „Im Westen nichts Neues“. [Ergänzung: „Die Wahrheit ist den Menschen zumutbar!“ (Ingeborg Bachmann)]. Vielleicht könnte man auf diese Art der globalen Ächtung und dem Bann dieser Waffentechnik wieder näher kommen.

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